Big Mama und die Baumriesen (hallal)

Veröffentlicht am 2. April 2025 um 23:35

"Der erste Kuss war Erdbeerbowle / und Spucke / ein Polaroid im Regen [...] das war die schönste Zeit, weil alles dort began." - Hundertmorgen mit Ulli am Saxophon an der "Possentslust" auf dem Rücken des Königsstuhls, eine Zudecke von Bosse. Unser Jetzt. Und noch begleitet uns die Sonne. Von Wänden dubliziert: tragen die Winde sie weiter, immer weiter, die Musik.

Von unserer Lindenhütte aus sind wir dann so gegen zw-elf! ßehr gemütlich losgelaufen und bald noch auf einen Brunnen getroffen. Frisches Quellwasser tut so unglaublich gut. - Das Aufbrauchen der eigenen Vorräte ebenso. Mit dem Laufen kommt auch der Hunger (wirklich sehr) und die Freude auf und über jede Mahlzeit ist immer groß. Mit jedem Bissen leichter aufm Rücken und irgendwie auch innerlich werden. Jede Nusspackung hat ihre Daseinsberechtigung, jeder Riegel kommt zu seinem Sinn. 

Hier, an dieser Stelle verließen wir das Zeichen des blauen Balkens, den wir so lieben gelebt haben. Ade an einer schönen Stelle, ist ein so viel leichteres.

An einem Ponyhof vorbei - Pferde, die rennen, als ob sie noch wild wären und zwei Hähne, die mehr miteinander zu Krähen scheinen als gegeneinander - vielleicht auch umeinander? Wer weiß? Vielleicht sind Hähne, manche, viele - so einige von ihnen schwul? Welcher Mensch sollte das schon wissen. 

An dem Stier Noah (Daniel taufte ihn so) vorbei, und ich merke, so ein Stier hat es gar nicht gern, kommt man ihm zu nah. Er erzählt dir eine Geschichte über Personal Space, die kein Es war einmal kennt. 

Und davor ist mir ein Pony wahrlich ins Auge gefallen, hell braun gescheckt, aber die Augen, die Augen so groß und braun. So liebe Augen. Da ging es nicht darum, ihm die Nüstern streichen zu können. In die Augen sehen war genug. 

Über den Neckar, und quasi den Königsstuhl hinauf - etwas weiter, neben dem Kohlhof landen wir am Ende. 

Der Weg dahin ist gekennzeichnet durch ein Verlassen des Autobahnequivalents: kein breiter, ausgekieselter Wanderweg mehr: einmal quer bitte.

Während meine Sinne sich wieder anschalten, und ich ganz wach wieder bin, den Wald bis ins kleinste spüre, wie ich denke - aber ich weiß, da ist noch Luft (ha!) nach oben. Und dann sehen wir sie: kuller, Plums. Drei kleine Frischlinge die Schräge durch Blättergehauf übereinander kugeln. Papa beginnt gleich zu klatschen. Und unten auf dem Weg angekommen, singen wir laut. 

Big Mama, bleib noch ein bisschen liegen. Denken, sagen wir. Machs so wie wir heute früh. 

Und sie tat. Denn eine Begegnung mit ihr blieb uns erspart. Im Weiterlaufen erfahre ich dann die Geschichte, wie Papa mit einer 2 Wochen alten Hanni (mir) auch in der Nähe des Neckars spazieren war und auf eine Herde traf. 11 Frischling an der Zahl. Junger Papa, klein Hanni im Tragetuch. Erste Reaktion: klettert auf einen Baum. Das Bild wird nun wohnen bleiben in den Innenwänden meines Gehirns und ich muss schmunzeln, wenn ich dran denk'. :D

Wir laufen, wunderbar weich, diesen Berg hinauf. Und dabei bekommen wir geschenkt: ein Konzert. Manchmal mussten wir stehen bleiben (auch um was zu trinken, das ist ja klar :p, aber auch einfach so), einfach weil wir lauschen mussten, lauschen wollten, ohne uns selbst zu hören. 

Diese Bäume da oben - Papa sagt Altfichten, unglaublich und groß. Und wie sie klingen. Es ist fast wie das Meer. Und unterscheidet sich doch so sehr. Es rauscht und es weht, es windet. 

Mittwoch Abend ist Musik Mach Tag, und so bekamen wir heute Abend Besuch :)). Michi, Papas Musik Compangnon (½ Hundertmorgen) hat für uns Alle fünf gekocht: Kichererbsen mit Obergine, indisch gewürzt, und dazu frisch backenes (noch leicht warmes) Brot. Das tat so gut!

Meinen Onkel Basti hatten die Zwei auch im Gepäck, hihi. Da konnten wir den hallenden Klängen aneinandergekuschelt schön lauschen. :))

Meine persönlichen Highlights (neben Bosses schönster Zeit natürlich) Tausendschön, gecovert von Thees Uhlmann, Schritt für Schritt ins Paradies (Hach, mein Tauflied so oberhalb meiner lieben Geburtsstadt Heidelberg dreistimmig zu hören, huii) von Ton Steine Scherben, und: Linda!! Von Gundermann. Eine meiner liebsten Zudecken. Dieses Lied an einem Tag, an dem wir viel über Alt werden sprachen. Ans am Leben festhalten und warum viel damit kommt, es gerade dann leicht anzugehen. - Dem Leichten Raum zu geben. Über das Hereinlassen all des Lichts eigentlich.

Für All die Lindas in meinem Leben, und die, die es für jeden andern sind. Ich bin mir gern eine Linda, und doch weiß ich, manchmal braucht es einen andern, einen geliebten Menschen, der einem die Türn und Fenster weit aufreißt. Dass man wieder Atmen. Licht sehen, fühlen kann. Danke für jedes Fenster. 

Und hier weht der Wind einfach über mich drüber.

Ein Eisverkäufer kam auch einfach so mit seinem Wagen vorbei. Stellte sich auf die Mitte des Parkplatzes; uns direkt im Visir. Er lente sich so aus seinem Fenster und nickte uns freundlich zu. Lauschte. 

Nach einer Weile dann stieg er aus, vier Becher Eis in der Hand. Beschenkt uns, bedankte sich für die Musik und ging. (Und winkte.) 

"It's better to burn out then to fade away / my mind hey hey", hallt nach in meinem Kopf, während ich hier schreibe und nun, Musik verklungen, sind es nur noch die Bäume, die rauschen. Und einzelne Autos. Meine liebste Musik, zu der aus menschengezupft / -geblasenen Tönen. Nun ist es dunkel, da draußen und in mir ists so herrlich warm. Vorhin, Menschennähe aufsaugend, neben meinem Onkel unterm Schlafsack, schrieb ich meinen ersten Brief von unterwegs. Ich freu mich schon auf den Briefkasten, der ihn liebend gern verspeist und ihn dir auf den Küchentisch trägt.

Ich denk an dich. 

 

02. April 2025


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Kommentare

Bastian
Vor einem Monat

❤️

Mathias
Vor einem Monat

Es ist so schön, rührend und begeisternd wie du schreibst und was du erlebst. Am liebsten wäre man dabei, still und schweigend - einfach genauso genießen :)

Frau 1/2 Hundertmorgen
Vor einem Monat

Hach, wie schön, dass wir literarisch mitwandern dürfen!
Die Geschichte mit den Frischlingen und Hanna-Frischling im Tragetuch war mir noch sehr präsent…
Ich wünsche dir weiterhin noch eine zauberhafte Reise!

Jacqueline
Vor 19 Tage

Ganz ruhig wird es wenn man dir lauscht. Ich wünsch dir eine wundervolle Wanderung ❤