Barre toi, Andra!!

Veröffentlicht am 25. Mai 2025 um 23:53

Ich werde von einem klopfend, klappernden Geräusch geweckt. Das muss Marie-Claude sein, der das Haus gehört. Ich kann mich nicht entsinnen, seit ich losging am ersten April je schneller aufgesprungen und angezogen zu sein.

Noch ganz verschlafen und zerknautscht, falle ich fast bei der Treppe um die Ecke, rufe, "j'arrive", dreh den Schlüssel zur grünen Tür und da steht - Niemand. Ich laufe raus - noch auf Socken - schaue hinters Haus und laufe vor zum See. Gucke geradeaus. Vielleicht ist sie wieder fort? 

Erst als ich im Esszimmer stehe, fällt mir richtig auf, dass das Licht natürlich ist. Die Rollläden, ja natürlich! Die waren es auch, die mich weckten. Nun, wenn ich die Vögel nicht hören kann, muss das jemand anderes übernehmen. :p

Wie der all too well known scarf, hat diesen hier einer vergessen. Vielleicht sind es wirklich die kleinen Dinge, die unser Herz zum Lachen bringen. 

Habe ich schon mal gesagt, wie sehr ich diese Lampen mag? 

Bis Cirfontaines-en-Ornois führt der Weg an der Straße entlang. Kaum Autos sind da, vor allem Traktorfahrer kommen an mir vorbei - öfter auch dieselben und wir grüßen uns freundlich. Der Wind pfeift ordentlich und vom Weg aus sehe ich das kleine Schlösschen an den zwei Seen, das etwas unterhalb liegt. 

Im Ort selbst begegne ich auch kaum jemandem, aber die Ausstrahlung ist so einladend, dass mir das Herz lauter und immer lauter lacht. 

Da sind die Bäume, die sich im Wind wiegen und ich bekomme fast einen Schluckauf, weil ich mich so freue. Vielleicht sind es wirklich die kleinen Dingen. All das, was dich lebend fühlen lässt. Vielleicht liebe ich den Wind deswegen so sehr, weil er das Rauschen der Bäume weiterträgt, weil er mal wilder und mal sanfter ist. Aber immer da und wenn es noch so still ist. 

Ich glaube, du würdest es hier auch lieben. Vor allem die vielen Fachwerkhäuser und die Höfe, die neben dem Weg liegen. 

Hier sind die Bäume, die sich so im Wind wiegen. 

Um fünf Ecken fand ich den perfekten Platz für einen Joghurt. Einen Tisch zwischen Feldern und an einer Weggabelung - perfekt! 

Nach einer Weile, in der ich dort sitze und mir meine Haare vom Wind liebevoll zerzausen lasse, sehe ich etwas unterhalb einen großen weißen Van parken. Da sind Menschen, die sich um ihre Gemüsefelder kümmern. Als Lichen an mir vorbeiläuft - in etwas Distanz ist da was in ihrem Gang. So cool und irgendwie offen für das Gute in der Welt. Zu ihrem Vorbeigehen gebe ich ihr ein Kompliment zu ihrer Kufiya. Sage, dass ich finde, dass sie ihr gut steht und dass ich cool finde, dass sie sie trägt. 

Wir sprechen und von ihr erfahre ich, dass sie Teil einer Gruppe ist, die im Kollektiv leben. Seit 30 Jahren haben Menschen angefangen, diese Orte zu bauen - Samen für Gemeinschaft dort zu pflanzen. Der erste Grund ihrer Zusammenkunft ist ein solidarischer Widerstand gegen die nuklearen Energien in Frankreich. Über https://bureburebure.info/ findest du ihre Seite:). 

Das Unternehmen ANDRA, das auch (wie wir das in anderen Bereichen ebenfalls gut kennen) sehr eng mit dem französischen Staat ist, hat seine Finger ganz tief in Bure. 

Wir sitzen alle gemeinsam am Tisch und es gibt unglaublich viel zu Essen - frisch gekocht. Galette und Brot, Nudeln und Reis, Lauchgemüse und Salat. Alles steht in großen Töpfen und Schüsseln auf dem Tisch und von allem ist so viel da. Und da sind diese Menschen, die ich erst seit ganz kurz kenne. Da ist diese Frau, Céline, neben der ich im Van im Kofferraum saß und während wir über den Weg polterten, wir gegeneinander und die Gemüsekisten kullerten und uns ein wenig aneinander festhielten und doch wieder nicht. Mit dem ersten Aufeinander fallen und dem darauf folgenden Lachen ist die Spannung gebrochen. Da sind die zwei Frauen mit dem Hund, die ich frage, wem der Hund gehört und wie ich es formuliere, klingt mehr nach "wessen Kind ist der Hund" und sie lachen und bringen die Sprache zu mir. Auch die Tage darauf frage ich mich öfter, ob sie ein Paar sind. Ich weiß es nicht, und so bleibt es im Dazwischen. Sie sind auf jeden Fall zu zweit unterwegs, mit einem Van und dem Hund, der ein bisschen ihr Kind ist und dazugehört und immer um uns herumwuselt. 

Etwas später, als der Nachtisch auf dem Tisch steht - was eine Seltenheit ist, sagt Céline. Es gibt so gut wie nie welchen hier, meint sie, also nimm dir gerne. Und da kommt dieses Mädchen, diese junge Frau. Lison. Eine weite Hose hat sie an und sie setzt sich hin und ich lächel sie ein bisschen an und sie schaut zurück - lächelt auch. Und ich schaue ganz, ganz schnell wieder weg. Ich denke mir, wow, ist die cool. Dann esse ich weiter und die anderen sortieren sich; tragen den Tisch in die Sonne - es ist Besprechungszeit. Die allermeisten Dinge verstehe ich nicht, denn sie sprechen sehr schnell, aber das macht nichts, denn ich beobachte gerne, wie sie miteinander sind. Ihre Art und ihre Achtsamkeit. 

Und dieses Mädchen. Lison. Sie ist immer noch da. Ab und an steht sie kurz auf, holt sich was zu trinken, aber sie kommt immer wieder. Sitzt ganz lässig nach hinten gelehnt in ihrem Stuhl und ab und an schaue ich kurz zu ihr herüber und ein bisschen schaut sie auch zu mir. Dann, bald darauf sagt sie schon, sie muss jetzt gehen und ein bisschen bin ich traurig, weil irgendwie würde ich sie gerne ein bisschen kennen.

Letztlich gehen wir dann gemeinsam. Ich begleite sie bei ihren Hausumfragen zur Kultur auf dem Land, denen sie im Sinne ihres Masters in Geographie und Soziologie nachgeht.

Wir schlendern nebeneinander her und es ist wirklich schön, dass da plötzlich jemand ist. 

Da ist diese Frau, sie sitzt im Eingang ihres Hauses; im Flur und Lison, die setzt sich einfach davor auf dem Boden in den Schneidersitz; schaut zu ihr rauf. Sie stellt ihre Fragen und es geht ihr so leicht von der Hand und ich bin fasziniert - von ihr & ihrer Leichtigkeit.

 

09. Mai 2025


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Kommentare

Stephan
Vor 2 Monate

Du kannst doch jetzt nicht einfach aufhören mit der Geschichte! Wie geht's weiter?