Wiedersehen mit Big Mama

Veröffentlicht am 2. Juli 2025 um 08:09

Le Courage: C'est la fermeté devant le danger. Das Bestehen im Angesicht der Gefahr. Das ist Mut. 

Jeanne. Diese Frau.

Zu diesem Zeitpunkt sage ich nur, wenn dir ihr Name später in einem meiner Bücher begegnet, wundere dich nicht.

Als ich am Morgen des 22. Mais ein wenig verknautscht aus ihrer Scheune komme, begegnen wir uns auf dem Hof. Sie bringt ihren Tieren - den Hasen und den Hühnern, den Katzen und den Gänsen ihr Frühstück und fragt mich, ob ich gut geschlafen habe. Ja, aber erst recht spät, mein Kopf habe mich noch wachgehalten eine gute Weile. Daraufhin entgegnet sie mir in ihrer authentisch-pragmatischen Art: "Il faut la couper!" - Wörtlich: "Man muss ihn abschneiden."; Köpfen sollte man ihn.

Ich begleite sie zu ihren Tieren und weil meine Schuhe noch unter ihrem Ofen trocknen, reicht sie mir - wie schon am Tag zuvor - die roten Klackerschuhe.

Dieser Wald, der gehört eindeutig den Wildschweinen. Ich sehe ganz viele Tümpel, Matschbadewannen und Fußspuren über Fußspuren. Trotzdem bin ich gut verträumt unterwegs, als ich etwas sehr Großes etwa 10 Meter links vor mir wahrnehme. Big Mama! 

Ihre kleinen sind nicht weit, soweit ich sehen kann, alle um sie versammelt. Schnell atme ich dann - doch so tief wie die Spannung es erlaubt, Luft ein und fange etwas scheppernd an, zu singen. 

Hastig stolpern die Kleinen über ihre Pfoten und schleunigst sind sie im Unterholz verschwunden. Und ich? Bleibe zurück mit einem gut klopfenden Herzen. Singe sicherheitshalber weiter.

Manchmal schlägt es ein: das Einsam-sein, schlägt einem auf den Kopf wie das Ei in den Topf. Manchmal fällt sie ein in einen und es fällt einem kaum noch etwas ein. 

Der Ort, wo ich mein Tarp aufschlage, gegen frühen Abend dann, ist nicht riesig weit von Rumilly-les-Vaudes, wo ich bei Jeanne war. Holz wurde hier gemacht und es ist wundervoll hell. 

Ich glaube, es ist trotzdem Okay, wenn es ab und an zieht in einem - wenn es auch doch so schön ist. 

Auch die Tage danach denke ich noch viel an Jeanne. An ihre Gegendrohung an den Mann, der viel zu lange Teil ihres Lebens war: "Wenn du es noch einmal versuchst, dann mische ich dir Arsenic in den Tee! Aber das hätte ich nie gemacht." 

An das Versprechen, das ich ihr gab. Bei dem es so viel mehr um ihre Geschichte als nur eine Seite der meinen geht. Und um den Blick in ihren Augen, als ich ihr meinen kleinen Finger zum Versprechen gab. "Versprich mir eins. Bei der ersten Ohrfeige, da gehst du." Hier geht es nicht um mich; ich bin nur die, die erzählt, bin die, die Stift und Zettel trägt. 

Bei der ersten Ohrfeige, da gehst du. 

Die Aufforderung der Jeanne, diese, die richtet sich an alle, die lesen. 

Das ist eine Geschichte von häuslicher Gewalt und davon, wie dringend nur ein Wort von Nöten sein kann. Es war Sylvie, die ein Wort in Aktion war. Die die Polizei rief, als ihr in dem Wagen saßt. 

Du hast ihn überlebt, jetzt. 

Ich will, dass wir hinsehen; auch weg gehen & im Notfall bereit stehen, kommt nur jemand, der fragt dich um Hilfe.

 

22. Mai 2025


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Kommentare

Jacqueline
Vor 5 Tage

Der Platz da hinten ist genug
doch zu laut keine Ohren ringsum.
Sind die einsam wenn's im Dunkeln knallt,
ein Viertel geschaut,
doch mein nächstes "Ich" wartet schon.

Eigentlich würd ich auch lieber wegschauen.
Doch wie's ist, bleib ich hier und tu doch was,
bleib ich hier und Tu Doch Was!

Aus:"Ich bin satt und du hast keinen Hunger mehr"
von nickels°on für dich ❤